"Elektronische Hilfsmittel für den Handschriftenbibliothekar"

(Referat auf dem 4. Tübinger Symposium "Handschriften, Alte Drucke")
(Alois Haidinger - 7. 11. 2000)

Sehr geehrte Damen und Herren,
 

       die folgenden Ausführungen beschränken sich auf elektronische Hilfsmittel - CD-ROMS und Internet-Dokumente - für lateinische mittelalterliche Handschriften.

 

       Elektronische Hilfsmittel für den Handschriftenfachmann finden zunehmend in den Literaturberichten einschlägiger Fachzeitschriften Beachtung, beispielsweise in jenen der Gazette du livre médiévale und der Zeitschrift Deutsches Archiv. Letztere sind seit dem vergangenen Jahr auch über das Internet abrufbar.

- Gazette du livre médiévale. Bulletin semestriel publié par l'association Gazette du livre médiéval" (ISSN 0753-5015). Paris.
Homepage: http://www.oeaw.ac.at/ksbm/glm/glm.htm
- Deutsches Archiv - Literaturberichte Handschriftenkataloge
http://141.84.81.24/cgi-bin/html/hssrezhy.htm
 

       Einen umfassenderen Überblick über elektronische Hilfsmittel für den Handschriftenfachmann vermitteln die der Mediävistik gewidmeten Linksammlungen im Internet, beispielsweise die Erlanger Historikerseite, die in Marburg betreuten "Internet-Links für Handschriftenbearbeiter" oder das im englischsprachigen Bereich häufig genutzte Online Reference Book for Medieval Studies. Jede der Listen bietet jedoch nur einen Teil der im Internet kursierenden mehr oder weniger nützlichen Seiten mit Bezug zur Handschriftenforschung. Um sicherzugehen, wenigstens die wichtigsten Hilfsmittel zu kennen, ist es daher notwendig, regelmäßig mehrere Linkssammlungen zu konsultieren. Für einen Einstieg in die verschiedenenen Linksammlungen gut geeignet ist eine an der Universität Köln erstellte Internet-Seite, die ein nach Ländern geordnetes Verzeichnis der Linksammlungen zum Thema "Mittelalter im Internet" bietet.

- Erlanger Historikerseite -Mittelalterliche Geschichte
http://www.phil.uni-erlangen.de/~p1ges/ma_resso.html
- Bildarchiv Foto Marburg, Internetlinks für Handschriftenbearbeiter
http://www.fotomr.uni-marburg.de/hs/hs-linksammlung.htm
- ORB: The Online Reference Book for Medieval Studies
http://orb.rhodes.edu/
- Das Mittelalter im Internet - eine Metaseite (Patrick Sahle und Torsten Schaßan)
http://www.spinfo.uni-koeln.de/mensch/projekt/mahomepaunix.html
 

       Eine Bewertung der in Linkslisten genannten Internet-Seiten unterbleibt in der Regel; dort, wo eine solche getroffen wird, ist allerdings Vorsicht geboten, da die Bewertung nicht selten primär die Art der Darstellung des Inhalts und weniger den Inhalt selbst betrifft.

 

       Die Pflege von Linklisten erfordert einen nicht unbeträchtlichen Zeitaufwand, daher veraltern vor allem von Einzelpersonen geführte Listen relativ rasch. Zwar werden die großen, der Mediävistik gewidmeten Linklisten, auf denen auch den Handschriften Beachtung geschenkt wird, meist von mehreren Personen betreut, doch sind die jeweils einem Referenten zugewiesenen Fachgebiete viel zu groß, um einen wirklich umfassenden Überblick über die existierenden elektronischen Hilfsmittel erwarten zu können. Auch eine nur auf die Bedürfnisse des Handschriftenfachmannes zugeschnittene Linksliste kann nicht von einer einzigen Person in wünschenswerter Intensität betreut werden; vielmehr sollten Fachleute für die Erstellung kommentierter Übersichten der elektronischen Hilfsmittel ihres jeweiligen Fachgebietes (etwa für patristische Texte, kanonistische Texte, liturgische Texte, Paläographie, Einbände, Wasserzeichen, Buchschmuck usw.) gewonnen werden.

 

       Will man möglichst frühzeitig über neue elektronische Hilfsmittel informiert werden, so empfiehlt sich das Studium der Beiträge in relevanten Diskussionslisten; beispielsweise in dem überwiegend englischsprachigen Diskussionsforum Medieval- List oder in diskus, der Marburger Diskussionsliste für Handschriftenbearbeiter.

- Medieval-L: listproc@raven.cc.ukans.edu
To subscribe to the list: sub mediev-l Your Name
- diskus: http://www.fotomr.uni-marburg.de/hs/hs-diskussionsliste.htm
- Exlibris: http://palimpsest.stanford.edu/byform/mailing-lists/exlibris/
- MEDTEXTL: http://www.english.uiuc.edu/medtextl.htm
- Medieval-Religion: http://www.mailbase.ac.uk/lists-k-o/medieval-religion/
 

       An relevanten Bibliographien in elektronischer Form sind an erster Stelle die beiden CD-ROMs Medioevo latino und Medieval International Bibliography zu nennen. Die 1999 erschienene CD Medioevo Latino (Spoleto, Centro italiano di studi sull'alto Medioevo, 1978 (1980) ff.) enthält vorerst nur die bibliographischen Angaben der Bände 1-10 und 17 (1996) der gedruckten Ausgab. Der Inhalt des letzten (20.) Bandes ist über das Internet recherchierbar, allerdings wird nur mitgeteilt, an welcher Stelle im gedruckten Band die gesuchte Information zu finden ist, und man wird aufgefordert, sich in die nächste Bibliothek zu begeben und dort den gedruckten Band des Medioevo Latino einzusehen. Bereits seit 1995 wird die International Medieval Bibliography auch auf CD (International Medieval Institute, Leeds und Brepols) vertrieben. Die derzeit aktuelle 5. Version der CD wertet das Schrifttum der Jahre 1967-1997 aus.

- Medioevo Latino
Druck: Medioevo latino: bollettino bibliografico della cultura europea dal secolo 6. al 13. Spoleto, Centro italiano di studi sull'alto Medioevo, 1978 (1980) ff. ISSN - 0393-0092.
CD-ROM: http://sismel.meri.unifi.it/mel/ita/infomel.htm
Società Internazionale per lo Studio del Medioevo Latino (S.I.S.M.E.L.) mit Zugang zu den verschiedenen Forschungsaktivitäten des Instituts: http://sismel.meri.unifi.it/
- CD-ROM International Medieval Bibliography
http://www.leeds.ac.uk/imi/imb/imb.htm
 

       Für Handschriften österreichischer Fonds ist die Österreichische Historische Bibliographie, die in Österreich seit 1945 erschienene Publikationen der österreichischen Geschichtsforschung verzeichnet, von Nutzen. Diese Bibliographie liegt nicht nur in gedruckten Jahresbänden und als Access-Datenbank auf CD-ROM vor, sondern ist auch online kabrufbar. - Ein zwar keineswegs vollständiges, aber doch das bei weitem umfangreichste Literaturverzeichnis zu Handschriften in österr. Sammlungen ist die von Mitarbeitern der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters betreute Internet-Datenbank Bibliographie zu österreichischen Handschriften, die derzeit rund 4600 Literaturzitate mit insgesamt rund 60.000 Verweisen auf Handschriften in österreichischen Bibliotheken enthält.

- Österreichische Historische Bibliographie: http://www.uni-klu.ac.at/groups/his/his_oehb/
- Bibliographie zu österreichischen Handschriften: http://www.oeaw.ac.at/ksbm/lit/frame.htm
 

       Zur Bestimmung des Inhalts einer Handschrift sind im letzten Jahrzehnt eine Reihe von unentbehrlichen elektronischen Hilfsmitteln entstanden. Jeder Handschriftenbibliothekar kennt die einschlägigen Produkte der Firmen Brepols und Chadwyck-Healy (1999 von Bell&Howell übernommen) mit recherchierbaren Textsammlungen, so daß ich auf CDs wie Patrologia Latina, Library of Christian Latin Texts, Bibliothea Teubneriana oder Bibliotheca Hagiographica Latina vor diesem Gremium nicht näher eingehen muß. Auch die in Zusammenarbeit des Institut de Recherche et d'Histoire des Textes in Paris und der Hill Monastic Manuscript Library in Collegeville, Minnesota, produzierte CD In Principio, von der dieser Tage bereits das 8. Update mit mehr als 800.000 Initien erscheint, ist ein wichtiges Hilfsmittel bei der Identifizierung von Texten. Bedauerlicherweise bewegen sich die Preise dieser CDs zum Teil in Höhen, die es selbst größeren Handschriftenbibliotheken unmöglich machen, alle diese nützlichen Hilfsmittel zu erwerben.

- Brepols - Electronic Publications: http://www.brepols.com/publishers/cd-rom.htm
Das Verzeichnis ist NICHT(!) aktuell; ein aktuelles Verzeichnis bietet der gedruckte Katalog CD-ROM Catalogue 2000" (anzufordern per e-mail unter info.publishers@brepols.com)
- Bell&Howell (ehemals Chadwyck-Healy) - Electronic Publications Catalogue (PDF-Format):
http://www.chadwyck.co.uk/products/pdfinformation.asp
Homepage des Verlages: http://www.chadwyck.co.uk/
 

       Bereits 1999 vom Verlag Aschendorff angekündigt, jedoch noch nicht erschienen ist die CD "Inventar spätmittelalterlicher lateinischer Sermones". Sie wird das von dem bekannten Predigtforscher Johann Baptist Schneyer hinterlassene Material für die Zeit von 1350 bis um 1500 enthalten, also eine Fortsetzung des gedruckten Repertoriums, das die lateinischen Predigtreihen der Zeit von 1150 bis 1350 zum Thema hat, sein. Da spätmittelalterliche Predigten in fast jeder Handschriftensammlung überreich vorhandenen sind, wird diese CD sicher zu einem vielbenutzten Hilfsmittel werden. (Die CD-ROM soll voraussichtlich Ende 2000 erscheinen.)

 

       Das wichtigste im Internet zur Verfügung stehende Rechercheinstrument für Handschriften ist zweifellos nach wie vor der sog. Gesamtindex. Die in einem Projekt der Staatsbibliothek zu Berlin seit 1991 erfaßten Registerdaten der mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft gedruckten Kataloge, des Handschriftenarchivs der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie einiger moderner schwedischer, österreichischer und polnischer Katalogbände können als Dienst des Deutschen Bibliotheksinstitutes unter dem Namen "Handschriften des Mittelalters" recherchiert werden. Für diese Datenbank wurden die Register von rund 170 gedruckten Katalogbänden ausgewertet; die Gesamtanzahl ihrer Datensätze übersteigt bereits eine halbe Million.

- Gesamtindex": http://dbix01.dbi-berlin.de:6100/DBI/
'Login to the databases' anklicken, als GUEST einloggen, Datenbank "Handschriften des Mittelalters" auswählen
 

       Als Nachfolgesystem für den Gesamtindex, dessen Datenbestand nicht mehr ausgebaut wird, ist die seit 1996 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Handschriftendatenbank Manuscripta mediaevalia vorgesehen. Sitz der Zentralredaktion ist Berlin, Dependancen bestehen in Marburg (zuständig für Technik, Retrokonversion, Schulung, Support) und München (zuständig für die Retrokonversion). Die neue Datenbank, die seit dem Vorjahr im Netz steht, wird den Gesamtindex ersetzen, der, wenn alle seine Daten überführt worden sind, vom Netz genommen werden wird.

- Manuscripta mediaevalia: http://www.fotomr.uni-marburg.de/hs-bank.htm
- Datenbank der Handschriftenkataloge: http://www.fotomr.uni-marburg.de/hs/hs-kat-frage.htm
 

       Bei beiden Datenbanken kann gezielt abgefragt werden, ob sie Daten eines bestimmten Handschriftenkataloges enthalten; es ist jedoch leider nur mit einer Kette langwieriger Abfragen möglich, eine Liste der ausgewerteten Kataloge zu generieren.

  Die neue Datenbank erlaubt gegenüber der Datenbank mit dem Gesamtindex weitaus differenziertere Abfragen, ist in der Bedienung jedoch komplizierter und leider auch störungsanfälliger.
 

       Über die Datenbank informiert am besten der auf der Handschriftenbearbeiter-Tagung in Leipzig im September des Vorjahres gehaltene Vortrag "Projekt Handschriftendatenbank" (Lutz Heusinger), in dem auch auf vergleichbare ausländische Unternehmungen - das EU-Projekt MASTER (Manuscript Access through Standards for Electronic Records) und das amerikanische Projekt Digital Scriptorium - näher eingegangen wird. Der Text aller Vorträge der Leipziger Handschriftenbearbeitertagung liegt auf dem Server der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

- L. Heusinger: Projekt "Handschriftendatenbank": http://www.dfg.de/foerder/biblio/handschriften/heusinger.html
- Vorträge der Internationalen Handschriftenbearbeitertagung in (20.-22. September 1999): http://www.dfg.de/foerder/biblio/handschriften/tagung.html
- EU-Projekt MASTER: http://www.cta.dmu.ac.uk/projects/master/
- Digital Scriptorium: http://sunsite.berkeley.edu/Scriptorium/ Testdatenbank (Nov. 2000: ca. 8500 Bilder): http://sunsite.berkeley.edu/scriptorium/form.html
 

       Eine wesentliche Neuerung gegenüber dem Gesamtindex ist die in der Datenbank Manuscripta mediaevalia realisierte Verknüpfung von Textinformationen mit Bildern, einerseits mit digitalen Reproduktionen von gedruckten Handschriftenbeschreibungen, andererseits mit solchen von Handschriftenseiten. Laut Auskunft der Datenbankbetreiber enthält die online-Version der Datenbank derzeit 27.000 Handschriftennachweise; davon sind bereits 24.000 Signaturen mit den entsprechenden, die Beschreibung der jeweiligen Handschrift enthaltenden eingescannten Katalogseiten verknüpft. Die Verknüpfung der Textinformationen mit Bildern der entsprechenden Manuskriptseiten steckt hingegen noch in den Anfängen. Derzeit sind die Bilder von zehn vollständig digitalisierten Handschriften in die Datenbank integriert. Als Suchergebnis erhält der Benutzer der Datenbank im Idealfall also nicht nur eine Liste der Fundstellen sondern auch Zugriff auf Bilder der entsprechenden Katalogisate und Manuskriptseiten.

 

       Neben den Datenbanken Handschriften des Mittelalters und Manuscripta mediaevalia bietet das Netz eine Reihe anderer hilfsreicher Instrumente zur Erschließung des Inhalts von Handschriften: So ist die Datenbank CANTUS mit Initien der Gesänge aus Handschriften des Stundengebetesnicht nur für Musikhistoriker, sonder auch für jene Personen, die mit der Identifizierung liturgischer Fragmente zu tun haben, von Nutzen. Die Initienverzeichnisse, die nur zum Teil auch in gedruckter Form vorliegen, können online durchsucht, aber auch heruntergeladen werden.

- CANTUS ( a database made up of indices of the chants in sources of the liturgical Office"): http://publish.uwo.ca/~cantus/
 

       Ein für die Bestimmung von Texten des Kirchenrechts wichtiges Hilfsmittel ist im Internet erst seit einigen Tagen zugänglich. Unter dem Titel "Initia operum iuris canonici medii aevi" wird eine umfangreiche Initiensammlung im Rich-Text- Format zum Download zur Verfügung gestellt. Um dieses Hilfsmittel benutzen zu können, muß es zunächst auf die Festplatte des Benutzers kopiert und anschließend in einem Textverarbeitungsprogramm, das das Rich-Text-Format versteht, geöffnet werden.

- Initia operum iuris canonici medii aevi: http://www.uni-leipzig.de/~jurarom/manuscr/dat/murano.htm
 

       Ein nicht minder wichtiges Hilfsmittel wurde im Rahmen der Aktivitäten der Digitalisierungszentren in München und Göttingen erstellt: Der Text des Decretum Gratiani in der Friedberg-Edition von 1879 wurde als Bilder (also in Form eingescannter Buchseiten) und als durchsuchbarer Text für das Internet aufbereitet.

- Decretum Gratiani (Ed. Aemilius Friedberg 1879): http://mdz.bib-bvb.de/digbib/gratian/
 

       Nur in Form eingescannter Buchseiten und daher leider nicht durchsuchbar werden hingegen eine Reihe von Rechtstexten vom römischen Verlag sub signo stellae angeboten. Darunter die im Rahmen der Handschriftenkatalogisierung des öfteren benötigten 28 Bände der Tractatus universi iuris.

- Tractatus universi iuris, Pars I-XVIII, Index I-III (herausgegeben von Iohannes Baptista Ziletti), Venetiis 1584.
http://www.sub stellae.com/catalog.htm
 

       Neben Instrumenten wie dem Gesamtindex, der die simultane Suche in vielen Handschriftenbeständen ermöglicht, gibt es natürlich auch eine Reihe von elektronischen Hilfsmitteln, die die Recherche in einem einzigen Handschriftenbestand erleichtern. Dazu zählen etwa die mit 36 DM äußerst preisgünstige CD Codicum Latinorum Monacensium Halmii et aliorum, eine in Form einer Access-Datenbank gehaltene duchsuchbare Abschrift der alten Münchner Kataloge zu Clm 1-27268, sowie die kostenfreie on-line-Datenbank zu den Handschriften 1-15.500 der Österreichischen Nationalbibliothek. Im Gegensatz zur Münchener Datenbank wurden in Wien die Register der alten Kataloge eingegeben, wobei man bestrebt war, die Ansetzung der Autorennamen - soweit dies ohne Autopsie der Handschriften möglich war - weitgehend zu vereinheitlichen. Benutzer des Index operum anonymorum der Wiener Kataloge mit seinen 12 Hauptgruppen und bis zu 40 Untergruppen werden die wesentliche Zeitersparnis und größere Treffsicherheit der nun möglichen elektronischen Suche zu schätzen wissen.

- CD-ROM Codicum Latinorum Monacensium Halmii et aliorum. Abschrift der ersten 7 Bände des Katalogs der lateinischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München von Karl Halm u.a. (Clm 1 - 27268).
http://home.t-online.de/home/Rauner/
- Tabulae codicum manuscriptorum praeter graecos et orientales in Bibliotheca Palatina Vindobonensi asservatorum I-VIII [Cod. 1-15.500]. Wien 1864-1893 (Reprint Graz 1965). Kumuliertes, verbessertes Register.
http://www.onb.ac.at/online_s/tabulae/tabte.htm
Einstieg in die Datenbank durch Anklicken der Überschrift TABULAE..."
 

       Handschriftenkataloge sind bislang nur in geringer Zahl im Netz vertreten. Die einzige Bibliothek, die nicht nur Handschriftenbeschreibungen bereits erschienener Kataloge sondern laufend auch jene des in Arbeit befindlichen Katalogbandes im Netz abrufbar und durchsuchbar zur Verfügung stellt, ist die Beinecke Library in Yale. Bei den Internet-Katalogen zu Paderborn und Graz handelt es sich hingegen primär um Abschriften gedruckter Kataloge. Das Verzeichnis der mittelalterlichen Handschriften in Paderborn war 1999 bereits im Katalog "Handschriftencensus Westfalen" publiziert worden; die entsprechende Internetseite bietet allerdings unter der Rubrik "Kataloge und Verzeichnisse" unter anderem auch Informationen zu den Fragmenten der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn. Die Universitätsbibliothek Graz hat bereits 1996 eine Abschrift ihres 1942 veröffentlichten Katalogs ins Netz gestellt. Gegenüber dem gedruckten Katalog bietet auch diese Abschrift für den Benutzer den Vorteil der besseren Recherchierbarkeit und ein - wenn auch vorerst nur geringes - Plus an Informationen: Die an der Sammlung vorhandene Literaturdokumentation wird sukzessive in die Beschreibungen eingearbeitet; zu einigen Katalogisaten können Abbildungen von Manuskriptseiten aufgerufen werden. Die Universitätsbibliothek Graz ist übrigens die einzige Bibliothek in Österreich, bei der - zum moderaten Einheitspreis von umgerechnet ca. 90 DM - digitale Farb-Kopien von Handschriften auf CD-ROM bestellt werden können.

- Yale, Beinecke Library: http://webtext.library.yale.edu/finddocs/fadsear.htm
- Paderborn, Erzbischöfliche Akademische Bibliothek: http://www.eab-paderborn.de/findex.htm
- Graz, Universitätsbibliothek: http://www-ub.kfunigraz.ac.at/SOSA/katalog/
Bestellung von Handschriften-Kopien auf CD-ROM:
http://www-ub.kfunigraz.ac.at/SOSA/katalog/bestellformular.html
 

       Von besonderem Wert für den Handschriftenforscher sind bebilderte Handschriftenverzeichnisse. Sie stellen Vergleichsmaterial zur Verfügung, das bei Datierung oder Lokalisierung von Handschriften genutzt werden kann und ermöglichen dem Fachmann, einen Teil der in der Beschreibung getroffenen Aussagen ohne Autopsie der Handschrift zu verifizieren. Es wäre erstrebenswert, grundsätzlich jeder Handschriftenbeschreibung mehrere Abbildungen beizugeben. Abgebildet werden könnten Beispiele für Schrift- und Buchschmuck, Datierungsvermerke, Schreibernennungen, Besitzvermerke, Anfang und Ende größerer anonymer Texte, nicht lesbare Textpartien und dergleichen. Ein solches Vorhaben ist schon allein aus Kostengründen nur unter Einsatz elektronischer Medien zu realisieren.

 

       So wurden den vor wenigen Monaten im Verlag der Österr. Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Katalogen "Steubestände in Wien und Niederösterreich" und "Inventar der Handschriften des Benediktinerstiftes Melk, Teil 1: Die Handschriften bis ca. 1400" jeweils eine CD beigegeben, die unter anderem eine Vielzahl von Abbildungen zu den katalogisierten Codices enthält. Neben Abbildungen von Manuskriptseiten (688 Bilder auf der Streubestände CD, 1188 auf der dem Inventar von Melk beigelegten CD) enthalten die CDs Bilder aller Einbandstempel und -Rollen; die Streubestände-CD darüber hinaus 392 Wasserzeichen-Photographien. Im wesentlichen gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Kataloge wurden im Internet eine Liste der katalogisierten Handschriften und alle auf der CD enthaltenen Bilder zur Verfügung gestellt.

- Bilder zu Streubestände in Wien und Niederösterreich, Teil 1: Nichtarchivalische Handschriften und Fragmente in Korneuburg, Mistelbach, Retz, St. Pölten, Tulln, Waidhofen an der Thaya, Weitra, Wien, Wiener Neustadt und aus Privatbesitz". Unter Mitarbeit von Alois Haidinger bearbeitet von Franz Lackner. Wien, 2000.
http://www.oeaw.ac.at/ksbm/stb/
- Bilder zu Inventar der Handschriften des Benediktinerstiftes Melk, Teil 1: Die Handschriften bis ca. 1400". Unter Mitarbeit von Alois Haidinger bearbeitet von Christine Glaßner. Wien, 2000.
http://www.oeaw.ac.at/ksbm/melk/inv1/
 

       In Hinblick auf die geringen Verkaufsziffern gedruckter Handschriftenkataloge wurde von der Veröffentlichung des Katalogtextes im Internet vorerst abgesehen. Der Text aller gedruckten Katalogisate ist jedoch auf den den Katalogen beigelegten CDs sowohl im Portable-Document-Format wie auch im Rich-Text-Format enthalten. Handschriftenbeschreibungen im Portable-Document-Format können das Layout der gedruckten Katalogisate darstellen, die Dateien können in einem Internet- Browser geöffnet werden (Voraussetzung dafür ist freilich, daß das kostenfrei im Internet erhältliche Plug-In Adobe Acrobat Reader installiert wurde) und sind durchsuchbar. Dateien im Rich-Text-Format können im Gegensatz zu PDF-Dateien in jedes moderne Textverarbeitungsprogramm geladen werden; womit für den Benutzer die Möglichkeit gegeben ist, Teile einer gedruckten Handschriftenbeschreibung in eigene Dateien zu integrieren.

 

       Grundsätzlich sollte von jedem neu veröffentlichten Handschriftenkatalog eine digitale Kopie angefertigt werden. Um die Übereinstimmung der Kopie mit dem gedruckten Katalog zu gewährleisten, sollten die Dateien nicht vom Katalogautor bezogen werden, sondern von der Druckerei generiert und auf CD gebrannt werden. Die dafür anfallenden Kosten sind mit einigen hundert DM vergleichsweise gering. Solche digitale Katalogkopien auf CD wurden von allen vier Handschriftenkatalogen, die an der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters dieses Jahr veröffentlicht wurden (Kataloge zu Innsbruck, Kremsmünster, Melk sowie zu den Streubeständen in Wien und NÖ) angefertigt. Die Dateien wurden auf den Server der Kommission kopiert und automatisch indexiert. Mit einem einzigen Suchbefehl kann nun jeder Mitarbeiter der Kommission alle vier Kataloge gleichzeitig durchsuchen und kann Teile der veröffentlichten Handschriftenbeschreibungen in eigene Dateien integrieren. Es müßte, so glaube ich, auch im Interesse jedes Handschriftenbibliothekars sein, digitale Kopien von Handschriftenkatalogen des von ihm verwalteten Bestandes zu erhalten.

 

       Im Zusammenhang mit bebilderten Handschriftenlisten darf das Projekt Digital Scriptorium nicht unerwähnt bleiben. Im Rahmen dieses Unternehmens entwickeln die Bancroft Library der Universität Berkeley und die Rare Book and Manuscript Library der Columbia University einen Prototyp zur Präsentation von Handschriftenbeständen im Internet. Digital Scriptorium ist in der Zielsetzung mit der Marburger Handschriftendatenbank Manuscripta mediaevalia vergleichbar, ist jedoch in erster Linie eine Bilddatenbank - derzeit stehen rund 8500 Farbphotos (jeweils in mehreren Qualitätsstufen) im Internet - , während sich die inhaltliche Erfassung der Handschriften und Fragmente auf das Notwendigste beschränkt. Bedauerlicherweise ist geplant, den Zugang zu dieser Datenbank kostenpflichtig zu machen.

- Digital Scriptorium:
http://sunsite.berkeley.edu/Scriptorium/
Testdatenbank (Nov. 2000: ca. 8500 Bilder): http://sunsite.berkeley.edu/scriptorium/form.html
 

       Bei der Digitalisierung von Handschriften kann entweder von bereits vorhandenen Mikrofilmen ausgegangen werden - wie im Falle der in die Datenbank Manuscripta mediaevalia aufgenommenen 10 Manuskripte -, oder die Bilder werden unter Einsatz einer Digitalkamera hergestellt. Dies ist der Fall bei einem an der Diözesan- und Dombibliothek in Köln laufenden Projekt, dessen Ziel die Veröffentlichung des gesamten mittelalterliche Handschriftenbestandes (ca. 400 Codices mit ca. 130.000 Seiten) in Form von Farbbildern im Internet ist. Nähere Informationen zu diesem Projekt sind im Internet leider noch nicht abrufbar.

* * *
 

       Verglichen mit der großen Menge der an den Handschriftensammlungen vorhandenen Hilfsmittel, ist die Zahl der auf einen bestimmten Handschriftenfonds bezogenen elektronischen Dateien verschwindend gering. Dabei wäre das Internet bestens als Publikationsforum für die an den Sammlungen nur an Ort und Stelle benützbaren Hilfsmittel geeignet. Solche Hilfsmittel wären etwa die an jeder Sammlung in unterschiedlicher Form und Qualität vorhandenen Register, Literaturverzeichnisse zu den Handschriften, Sammlungen von Stempeldurchreibungen oder Wasserzeichen sowie Addenda und Corrigenda zu bereits veröffentlichten Katalogen.

 

       Ich nehme an, daß die Sinnhaftigkeit der Präsentation handschriftenbezogener Daten im Internet von vielen Handschriftenbibliothekaren zwar anerkannt wird, jedoch die Unsicherheit darüber, wie solche Informationen präsentiert werden sollen, der Grund dafür ist, warum das Internet nicht in weit stärkerem Maße als Publikationsmedium genutzt wird. Veranstaltungen wie diese können dazu beitragen, die eine oder andere Detailfrage in diesem Zusammenhang zu klären und den Erfahrungsaustausch auf diesem Gebiet zu intensivieren.

 

       Alois Haidinger (alois.haidinger@oeaw.ac.at)
       Wien, 15. November 2000


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